Projektsteuerung für das neue Dienstleistungszentrum Eichstätt
Nachhaltiges Bauen mit recyceltem Beton
Ein neues Dienstleistungszentrum (DLZ) des Landkreises Eichstätt auf dem Weg in die Zukunft: zeitgemäß, bürgerfreundlich und nachhaltig. Ein Gebäude, das in Sachen Klimaschutz, Ökologie und vor allem mit einer ressourcenschonenden Bauweise punkten wird. Mit der Verwendung von recyceltem Beton setzt der Landkreis Eichstätt neue Maßstäbe: Das DLZ wird das erste öffentliche Gebäude in Bayern sein, das dieses Baumaterial in großem Umfang einsetzt. Der Spatenstich erfolgte im Sommer 2022. Inzwischen steht der Rohbau. Im Frühjahr 2024 soll das Gebäude bezugsfertig sein.
Spatenstich im Sommer 2022
Der Rohbau im Frühjahr 2023
Nach der Koordination des europaweiten Vergabeverfahren erbringt die rheform – ImmobilienManagement GmbH (IM) das technischen Vertrags- und Projektcontrolling für das 19 Millionen Euro teure Projekt. Entwurfsbestimmende Grundlagen waren zahlreiche Nachhaltigkeits- und Energieaspekte. Den Zuschlag für den Neubau erhielt eine Eichstätter Bietergemeinschaft bestehend aus der Firma Martin Meier mit dem Ingenieurbüro Hubert + Freihart. Ihr Angebot erfüllte am besten die vom Bauherrn eingeforderten hohen ökologischen Standards.
Recycelter Beton für mehr Ressourcenschonung
Neben etablierten Maßnahmen, wie der Integration einer Photovoltaikanlage und einer Gebäudetechnik mit Wärmerückgewinnung, zeichnet sich das Bauvorhaben vor allem für die in Deutschland noch nicht so verbreitete Bauweise mit recyceltem Beton (RC-Beton) aus.
RC-Beton besteht aus Bauschutt. In verschiedenen Arbeitsschritten wird dieser so lange aufbereitet, bis ein Ausgangsmaterial übrigbleibt, das die Betonbestandteile Kies, Splitt oder Sand ersetzt. Der Mehrwert von RC-Beton liegt nicht in der CO2-Einsparung, sondern in der Reduzierung und im Recycling von Bauschutt. Nach wie vor verbraucht die Bau- und Immobilienwirtschaft die meisten der weltweiten Rohstoffe und verursacht riesige Abfallmengen. In der mehr und mehr eingeforderten und notwendigen Kreislaufwirtschaft im Immobiliensektor nimmt RC-Beton eine wichtige Rolle ein: Bauschutt wird so zur wertvollen Ressource und nicht mehr pauschal auf Deponien verklappt. Die Hersteller bauen weder Kies noch Sand ab. In Anbetracht von Rohstoffmangel, Klimakrise sowie steigenden Energie- und Entsorgungskosten sind das bedeutende Faktoren.
Im Fall des geplanten Dienstleistungszentrums kommt ausschließlich RC-Beton zum Einsatz – in einem hohen Ausmaß sogar in einer noch nachhaltigeren Zusammenstellung außerhalb der momentan gültigen Normierung, die einen Anteil von nur 30 Prozent an Recyclingmaterial vorschreibt. Die neu entwickelte Produktvariante besteht zu 100 Prozent aus Abbruchmaterial. Im Rahmen einer Projektkoordination mit der Hochschule München erhielt sie rechtzeitig zum Start des Bauvorhabens eine so genannte „Zustimmung im Einzelfall“. Die Aufbereitung erfolgt regional in einem Eichstätter Betonwerk.
Kreislaufwirtschaft im Immobiliensektor: Recyclingbeton als wichtige Ressource
Der Neubau setzt neue Standards bei der Verwendung von RC-Beton. Hier wird an der betontechnologische Zukunft geforscht. Das DLZ wird das erste öffentliche Gebäude in Bayern sein, das diesen neu entwickelten Baustoff in großem Umfang einsetzt. Und der ist imposant: In allen Wänden ist Recyclingmaterial verbaut. Die statisch tragenden Elementen bestehen aus dem normiertem RC-Beton, die meisten inneren, nichttragenden Wände sind aus dem neu entwickelten Material, das einen Recyclinganteil von 100 Prozent vorweist.
Raumeindruck vom künftigen Dienstleistungszentrum in Eichstätt: In allen Decken und Innenwänden ist Recyclingbeton verbaut.
Damit soll ein neuer „Stand der Technik“ definiert werden. Zu diesem Zweck begleitet die Hochschule München das Projekt in den kommenden Jahren kontinuierlich durch vor Ort installierte Messtechnik, denn der Landkreis geht mit dem Einsatz des besonders nachhaltigen RC-Betons bewusst ins Risiko: Die Tragfähigkeit des Materials ist zwar hinreichend erforscht und gesichert. Zum Langzeitverhalten fehlen bislang jedoch Erfahrungswerte. So gibt es für diesen Baustoff noch keine Anhaltspunkte für das Ausmaß an CO2-Aufnahme aus der Atmosphäre, die im ungünstigen Fall Betonstahl mit der Zeit korrodieren lässt.
Flexibel nutzbare Arbeitsumgebungen
Am Standort der alten Berufsschule entsteht ein dreigliedriges Gebäude, dessen einzelne Baukörper mit verglasten Treppenhäusern miteinander verbunden sind. Im Frühjahr 2024, so lautet der Plan, zieht ein Teil der Belegschaft in eine moderne Arbeitsumgebung ein.
Auch die Einwohner von Eichstätt profitieren dann von einem äußerst bürgerfreundlichen Dienstleistungszentrum. Auf einer Fläche von knapp 3.200 m² befinden sich verschiedene Ämter und Serviceleistungen. Mehrere Behördengänge können so bei einem Besuch erledigt werden.
Für sämtliche Flächen gilt: Architektur für flexibel nutzbare Arbeitswelten – heute und in Zukunft. Der Landkreis Eichstätt gewinnt so in räumlicher Hinsicht immer wieder neue Spielräume für den Umgang mit strukturellen Veränderungen, wenn diese eintreten.
Ralf Fährmann, Sachgebietsleiter Hochbau des Landkreises Eichstätt, gibt sich zwar bescheiden, doch zurecht mit Stolz verweist er auf den Quantensprung in der baulichen Geschichte, die im Landkreis entwickelt und angestoßen worden ist: „Als öffentlicher Auftraggeber sehen wir es durchaus als selbstverständlich an – natürlich nur im wirtschaftlich tragbaren Umfang – den Anspruch zu haben „vorweg“ zu gehen. Wir hoffen, dass unser Mut ansteckt und unsere Baugenetik Schule macht!“
Weitere Beispiele zu integralen Vergabeverfahren und nachhaltiger Immobilienentwicklung:
Bildnachweise
Isometrie Titelbild: Bodamer Faber Architekten
Spatenstich: Gabriela Schöpfel, Hubert + Freihart Ingenieure
Fotos vom Rohbau: rheform GmbH
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