
23 Mrz Informationen zur Ausschreibung

Von Studierenden für Studierende
Interview zum Campus³-Preis für die Hochschularchitektur der Zukunft
Die rheform – EntwicklungsManagement GmbH vergibt im Dezember 2020 zum ersten Mal gemeinsam mit der Architekturfachzeitschrift Bauwelt und dem Deutschen Hochschulverband (DHV) den Campus³-Preis für die visionäre bauliche Weiterentwicklung von Hochschulen. Ausgezeichnet werden Konzepte, die vorbildlich zeigen, wie gute, flexibel nutzbare Architektur in Zukunft das Forschen, Lehren und Lernen an Hochschulen voranbringen kann.
Joachim Heintze ist Geschäftsführender Gesellschafter und Gründer der rheform GmbH. Im Interview erläutert er, warum Arbeiten auf diesem Gebiet wichtig sind, welche Kriterien bei der Preisvergabe eine Rolle spielen und welche Vision er persönlich von der Hochschule der Zukunft hat.
Was möchten Sie mit dem Preis erreichen?
Uns geht es vor allem darum, Impulse für die Arbeits- und Lernwelten der Zukunft zu setzen, in denen die Bedürfnisse von Menschen und Organisationen im Zentrum stehen.
Bis heute lautet der Glaubensgrundsatz moderner Architektur „form follows function“. Die Beschreibung der Funktion – was eine wichtige Vorarbeit ist! – kommt dabei jedoch häufig zu kurz. Wie aber soll die Form der Funktion folgen, wenn die Funktion nicht umfassend geklärt ist? Wir haben in unserem Beratungsalltag die Erfahrung gemacht, dass ein vollständiges, gut abgestimmtes Funktionsprogramm die Voraussetzung für erfolgreiche Umstrukturierungen und Baumaßnahmen ist. Im Wesentlichen zielt dieses Vorgehen auf die Beantwortung der Frage: Wie muss ein Gebäude konzipiert sein, damit eine Organisation oder Institution ihre Ziele bestmöglich erreicht?
Funktionsprogramm als Erfolgsfaktor
Zu diesem Zweck muss man erst einmal die Arbeitsweisen und Prozesse kennen, also wissen, wie und mit welcher Technologie die Menschen dieser Organisation ihre Ziele erreichen und welche Formen des Zusammenarbeitens und der Kommunikation dafür aktuell existieren. Ist der Status quo geklärt, wird es noch einmal interessant, denn dann gilt es in einem nächsten Schritt, den Blick in die Zukunft zu richten und zu überlegen, wie sich diese Arbeitsweisen und Prozesse weiter entwickeln könnten – angesichts des dramatischen technologischen Wandels, den wir gerade alle durchleben. Schließlich will und kann man sich nicht alle paar Jahre räumlich verändern.
Die Suche nach Antworten auf diese Fragen finde ich immer wieder aufs Neue hochspannend, denn im Zuge der weitreichenden Transformation gibt es in vielen Bereichen keine verbindlichen Aussagen in Hinblick auf die Zukunft, doch überall sind die Verantwortlichen dazu aufgefordert, perspektivisch zu handeln.
Mit dem Preis möchten wir Studierende der baufachlichen Disziplinen für diese Fragen sensibilisieren, sie zum Nachdenken und Diskutieren bringen und eine kreative Auseinandersetzung mit einem äußerst relevanten Thema in Gang setzen.
Warum bieten sich gerade Wissenschaftsbauten für eine visionäre Betrachtung an?
Die Wissenschaften waren selbst immer schon Vorreiter, Nutzer und Treiber von Entwicklungen. Deshalb verändern sich im Zuge der vielfältigen Transformationsprozesse auch die funktionalen Anforderungen an den Raum äußerst dynamisch. Flexibilität ist also das Gebot der Stunde, mit allen Konsequenzen für den Hochschulbau, der vor diesem Hintergrund vor ganz besonderen Herausforderungen steht. So soll sich der Lebenszyklus eines Gebäudes über 50 Jahre erstrecken, doch allein auf die Frage, wie Menschen in zehn Jahren an Hochschulen forschen, lehren und lernen, gibt es nur vage Antworten. Die Digitalisierung, neue Materialien und Medien, agile Arbeitsmethoden und zunehmend mehr Teilnehmer und Tempo in der globalen Wissenschaftswelt beeinflussen schließlich auch die Anforderungen an Räume, in denen Menschen Wissen generieren und austauschen.
Ein Muss: flexible Lösungen
Ich begreife es als eine Aufgabe der baufachlichen Disziplinen, auf diesem Gebiet Szenarien potenzieller Entwicklungen aufzustellen, dafür eine Vielfalt an flexiblen Lösungen zu erarbeiten und diese nutzer- und bedarfsgerecht einzusetzen. Mehr denn je sind Wissenschaftsbauten auf visionäre Lösungen angewiesen, in denen der Raum den sich verändernden funktionalen Anforderungen gerecht wird – nicht nur aktuell, sondern auch perspektivisch. Dabei muss man sich über eines im Klaren sein: Niemand von uns kann verlässliche Prognosen erstellen oder verbindliche Garantien dafür abgeben, wohin die Reise geht. Aus diesem Grund ist Flexibilität gerade in der Hochschularchitektur eine elementare Grundlage, denn wir müssen immer damit rechnen, dass es anders kommt, als man denkt.
Wofür steht die Drei im „Campus³-Preis“?
Als wir im Vorfeld über das Profil des Preises nachdachten, fielen uns verschiedene „Dreiklänge“ auf, die sich regelrecht als Namensergänzung aufdrängten.
Zunächst einmal geht es bei dem Preis darum, dass sich die Bewerberinnen und Bewerber mit realen und nicht mit virtuellen Räumen beschäftigen, wenngleich die neuen virtuellen Räume vermehrt Einfluss auf Architektur und Städtebau haben. Dennoch findet Architektur vorrangig im Raum statt und Raum ist dreidimensional.
Denkt man den Raumbegriff weiter, so stößt man auf die drei Maßstäbe der räumlichen Betrachtung: Städtebau, Architektur und Innenarchitektur. Diese Räume müssen gestaltet werden. Daraus ergibt sich der nächste Dreiklang, nämlich Vision, Funktion und Raum. Zunächst braucht es nämlich eine Vision für die Aufgabe, dann eine solide Ausarbeitung der funktionalen Anforderungen und schließlich die Gestaltung des Raums, der dieses Funktionsprogramm baulich umsetzt.
Welche Kriterien gehen vor allem in die Bewertung ein?
Was uns vor allem interessiert, ist eine überzeugende Vision davon, wie Forschen, Lehren und Lernen nach Ansicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Zukunft aussehen kann. Das Konzept sollte darauf aufbauend schlüssige Antworten auf die Frage liefern, wie sich diese Szenarien auf den Aspekt der Funktion auswirken, also wie Forschen, Lehren und Lernen in der Zukunft „funktioniert“ und mit welcher Gestaltung es gelingt, räumlich dafür bestmögliche Lösungen anzubieten – heute und in Zukunft.
Was macht den Preis besonders?
Was den Preis besonders hervorhebt, ist die Bühne, die unser Partner, das Architekturfachmagazin Bauwelt, den Gewinnern bietet. Die Preisverleihung findet im Rahmen des Bauweltkongresses am 4. Dezember 2020 in Berlin statt. Diese Veranstaltung zählt zu den wichtigen Kongressen für Architekten. Das Siegerkonzept wird außerdem im Rahmen eines Nachberichts in einer der darauffolgenden Bauwelt-Ausgaben vorgestellt. Auf diese Weise erreichen die Bestplatzierten ein großes Fachpublikum, was für Studierende auf dem Weg in den Berufseinstieg sicher eine interessante Chance ist.
Welche Vision haben Sie persönlich von der Hochschule der Zukunft?
Ich stelle mir Hochschulen als kraftvolle Begegnungsorte vor, wo es für Menschen und Technologien die bestmöglichen Voraussetzungen gibt, um unsere Kultur zu bewahren und die Herausforderungen unserer Zeit und Zukunft zu lösen. Diese Idee verbinde ich mit dem berechtigten Anspruch auf Nachhaltigkeit, denn es darf nicht sein, dass Räume und Gebäude nur auf aktuelle Anforderungen hin geplant werden und nach wenigen Jahren nicht mehr funktionieren.
Ich glaube nicht, dass wir jemals auf die direkte Interaktion und das persönliche Ringen um die besten Lösungen für Probleme verzichten können. Der Blick in die Geschichte zeigt: Jede Zeit hatte ihre Orte und ihre Räume, die Menschen dazu inspirierten, Gedanken zu entwickeln und mit anderen zu teilen. Bei allem Wandel: Was bleibt, sind die menschlichen Bedürfnisse, das soziale Miteinander, der Dialog, der Austausch, der Diskurs – und Kommunikation ist die Grundlage der Innovation. Das müssen Räume aller Maßstäbe fördern.
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