
Strategische Hochschulberatung als Berufsbild
Geographiestudierende entwickeln ein Zukunftskonzept für die Universität Duisburg-Essen
Umweltschutz, Stadtplanung oder die Verwaltung von Geoinformationssystemen – das sind klassische Arbeitsfelder von Geograph:innen, aber Strategieberatung? Diese Ausrichtung liegt vielleicht nicht so nahe, ist aber eine Alternative mit durchaus interessanten Perspektiven. Diese vermittelte rheform-Bereichsleiter Dr. Philipp Adler an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) in dem Seminar “Hochschulen: regionaler Motor, Ausbilder und Innovator in einer Institution – Wissenschaft verstehen und beraten”. Im Wintersemester 2024/25 hat er zusammen mit den Geographiestudierenden der RUB einen Fahrplan für die strategische Entwicklung der Universität Duisburg-Essen (UDE) entwickelt. Den daraus resultierenden Maßnahmenkatalog haben die Seminarteilnehmer:innen der UDE vorgestellt und mit der Hochschulverwaltung diskutiert.

Leitfragen für die strategische Hochschulentwicklung
Den Maßnahmenkatalog erschlossen sich die Studierenden über eine ganzheitliche Vorgehensweise, bei der sie den Status quo analysierten und Perspektiven entwickelten. Eine wichtige Rolle spielten dabei Fragen wie diese:
- Was macht eine Universität aus?
- Wie beeinflusst eine Universität mit ihren Aktivitäten die Stadt und die Region, in der sie liegt?
- Vor welchen Herausforderungen stehen Hochschulen aktuell?
- Welche Entwicklungsperspektiven haben Hochschulen?
Mit diesen Leitfragen veranschaulichte Philipp Adler den angehenden Geograph:innen, warum ihr fachlicher Hintergrund sie zu guten Berater:innen für Unternehmen, Hochschulen oder Städte macht:
„In der Geographie lernt man, Themen und Problemstellungen von verschiedenen Blickwinkeln aus zu betrachten. Durch die Vielfalt ihres Faches sind es Geograph:innen gewohnt, verschiedene Erkenntnisse zusammenzuführen und zu strukturieren. Das machen wir in der Strategieberatung genauso,“ sagte Philipp Adler, der selbst am geographischen Institut der RUB promoviert hat und jetzt den Bereich der Strategie- und Organisationsberatung bei der rheform leitet. In seinem Seminar vermittelte er den Studierenden Grundkenntnisse im Projekt‑, Kommunikations- und Datenmanagement und zeigte ihnen, mit welchen qualitativen und quantitativen Ansätzen man eine Analysebasis für die Strategieberatung schaffen kann.
Ziel war es, mögliche Handlungsfelder und Entwicklungsperspektiven für die UDE zu identifizieren. Dazu haben die Studierenden mit dem Hochschulmonitor des rheform Data Labs gearbeitet. Der Hochschulmonitor liefert auf Basis verschiedener Datenquellen interaktive Informationen und Analysen, die auf eine jeweilige Hochschule zugeschnitten sind. Daraus kann die Hochschule Trends ableiten, sich mit anderen Hochschulen vergleichen und Perspektiven entwickeln. Genauso haben auch die Geographiestudierenden der RUB mit dem rheform-Tool gearbeitet: Mit Hilfe der Auswertungen zu Studierendenzahlen, Abschöpfungsquote, Regelstudienzeit, Übergangsquoten und Studienart haben sie Potenziale ausgelotet und daraus Handlungsempfehlungen für die UDE abgeleitet.

Im Rahmen ihrer Analysen haben die Studierenden Vor- und Nachteile der regionalen und wissenschaftlichen Position der UDE identifiziert. Die Universität liegt im Ruhrgebiet, der urbansten Region Deutschlands. Obwohl sich diese Gegend in den letzten Jahren stark gewandelt hat, verläuft ihre wirtschaftliche Entwicklung vergleichsweise langsam. Aus diesem Grund punktet sie momentan noch mit moderaten Mieten und einem eher entspannten Wohnungsmarkt. Mit einem durchschnittlichen Mietpreis von acht bis neun Euro pro Quadratmeter zahlt man in Duisburg und Essen nur ungefähr halb so viel wie in Berlin und München. Außerdem ist die Region, wenn es um Wissenschaft geht, sehr dynamisch: Im Umkreis von 30 Kilometern um die UDE findet man 20 weitere Hochschulen oder Universitäten. Und: Die UDE ist auch international über Partnerallianzen, Kooperationsverträge, ERASMUS usw. gut vernetzt.
Dennoch hat die UDE, wie sehr viele Hochschulen in Deutschland, mit sinkenden Studierendenzahlen zu kämpfen. Die Idee der Studierenden des Seminars? Die Universitäten des Ruhrgebiets sollen in einer gemeinsamen Marketingstrategie Werbung für ein Studium in ihrer Region machen. Über ein Streichen der Fehlversuchsregelung soll das Studium attraktiver und der Notendruck gesenkt werden. Außerdem sollen Unternehmen direkt in das Studium eingebunden werden, um die Absolvent:innen der UDE an die Region zu binden. Weitere Ideen der Studierenden waren der Start eines KI-Projektes und eine Zusammenarbeit der Ruhr-Universitäten im Rahmen der Exzellenzstrategie, um das Forschungsprofil der Universität abzurunden.
In einer Abschlussdiskussion bei der UDE würdigten die Leitungspersonen aus der Hochschulverwaltung die kreativen Ansätze der Studierenden. Philipp Adler wird das Seminar auch im Sommersemester 2025 wieder an der RUB durchführen, diesmal für Bachelorstudierende.
Fotos: Laurenz Blöbaum
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