Würdigung 2022
Verleihung campus³-Preis 2022: Nachbericht
Neben eigenständigen Beiträgen überzeugte auch ein Entwurf zur Aufgabenstellung 2022
Die Preisträger:innen des campus³-Preises 2022 erlebten die Würdigung ihrer Entwürfe in einem ganz besonderen Ambiente. Die Auslober des Architektur-Wettbewerbs – die rheform GmbH und das Bauwelt Magazin – luden zu einem Austausch über zukunftsfähige Hochschularchitektur an die Universität Witten/Herdecke ein. Die Campus-Erweiterung „Zukunftsraum“ gehört zu den nachhaltigsten Hochschulgebäuden Deutschlands und zeigt, wie innovationsfähige Lehr‑, Lern- und Arbeitswelten aussehen können. In einer exklusiven Führung erklärte rheform Geschäftsführer Joachim Heintze die Besonderheiten des Neubaus. Rasch ergab sich ein reger Austausch über die Planung und Umsetzung von zukunftsweisenden Ideen im Hochschulbau.
Die Überreichung der Urkunden fand bei einem gemeinsamen Abendessen statt. Das Casino Zollverein, bestach neben der besonderen Umgebung des UNESCO-Welterbes Zeche Zollverein, vor allem durch seine hervorragende Küche. Auf diesem Weg lernten wir die Menschen hinter den Entwürfen persönlich kennen und konnten sie zu ihrem Engagement und ihren innovativen Ideen beglückwünschen.
Der campus³-Preis gibt Studierenden und Promovierenden aller baufachlichen Disziplinen die Chance, sich visionär mit den Herausforderungen des Hochschulbaus der Zukunft zu beschäftigen. In diesem Jahr bot rheform erstmalig drei Aufgabenstellungen aus den Bereichen Städtebau, Gebäudeplanung und Raumgestaltung für den Umbau und die Erweiterung des Hauptgebäudes der Universität Bonn (im ehemaligen Kurfürstlichen Schloss) an.
Preisträger:innen des campus³-Preises 2022
Zum Wettbewerb wurden insgesamt 33 Beiträge aus neun Hochschulen eingereicht. Zu den drei Aufgabenstellungen lieferten 18 Teilnehmende wertvolle Ideen und Konzepte für die visionäre bauliche Weiterentwicklung der Universität Bonn im Kurfürstlichen Schloss. Zwei Arbeiten überzeugten die Jury mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Auseinandersetzung mit dem Dreiklang Vision, Funktion und Raum. Die Jury vergab folgende Preise:
- campus³-Preis für Funktion und Raum: David Troost und Lennart von Hofe für ihren Entwurf „Das Labor“, Labor- und Forschungszentrum Biologie in der Science City Bahrenfeld, Hamburg
- campus³-Preis für Vision und Konzept: Christa Liedtke für den Entwurf „Riverine – The River Flows Within“ (Umbau und Erweiterung Ostflügel Kurfürstliches Schloss/Universität Bonn für Lehr- und Lernräume)
Die Preisträger:innen erhalten nicht nur ein Preisgeld in Höhe von insgesamt 5.000 Euro. Sie erreichen mit der Veröffentlichung ihrer Entwürfe über das Magazin Bauwelt auch ein großes Fachpublikum – eine interessante Chance für Studierende auf dem Weg in die Berufswelt.
Die Preisträger:innen und ihre Entwürfe
David Troost und Lennart von Hofe: „Das Labor“
Jede Architektur soll die an sie angrenzenden kollektiven Räume bestmöglich weiterschreiben. So lautet die Vision der Verfasser. Gerade ein neuer Forschungscampus benötigt starke öffentliche Räume, um ein gut funktionierender Teil der Stadt zu werden. In Hamburg entsteht mit der Science City Bahrenfeld bis 2040 ein Zentrum für Grundlagenforschung – welches als wissensbasierter Raum zugleich ein lebendiges Quartier mit einer Vielzahl von heterogenen Funktionen sein soll. Die Arbeit „Das Labor“, Labor- und Forschungszentrum Biologie in der Science City Hamburg Bahrenfeld, beschreibt sowohl die Eingliederung in das Quartier als auch Anforderungen an den Laborbetrieb.
Zeitgenössische Laborbauten unterliegen klaren Vorgaben und stecken einen limitierten Handlungsbereich ab. Die Innenräume des Entwurfs folgen sehr spezifischen Regeln. Sie sind dabei so entworfen, maximalen Handlungsspielraum für aktuelle und nachfolgende Nutzungen zu gewährleisten. Im Erdgeschoss befinden sich die öffentlichen Bereiche mit einer Bar, einer Cafeteria und dem Gründerzentrum der Hochschule. Das zweite Geschoss ist über die Fassadengestaltung optisch mit dem Erdgeschoss verbunden und dient der Gebäudetechnik. Es folgen drei Regelgeschosse mit überwiegend Laborfunktionen. Im obersten, überhöhten Geschoss befindet sich ein Gewächshaus, welches aufgrund der dafür erforderlichen, tagsüber transparenten, nachts hellen Glasfassaden dem Bauwerk einen markanten Abschluss gibt.
Der Entwurf einer neuen Architektur unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ist laut der Verfasser kein Argument, sondern Grundvoraussetzung. Die Arbeit „Das Labor“ setzt städtebaulich auf Kompaktheit, um ein möglichst effizientes Außenfläche-zu-Volumen-Verhältnis zu erzeugen. Die räumlich aufregenden Momente finden hinter der Gebäudehülle statt.
Auszug aus der Würdigung der Jury
„… Obwohl die Hauptfunktion das Projekt auch gestalterisch deutlich dominiert, gelingt es besonders gut, urbane Funktionen wie beispielsweise eine Cafeteria, eine Bar oder ein Gründerzentrum hinzuzufügen. Zusätzlich erzeugt die Form des Baukörpers einen öffentlichen Platz mit hoher Aufenthaltsqualität. … Die Grundriss-Gestaltung folgt den sehr spezifischen Anforderungen des Laborbetriebs. Die Arbeitsplätze sind in Gruppen angeordnet worden und können zu größeren Einheiten zusammen geschaltet werden, dabei wird die einmal gewählte Anordnung in den Regelgeschossen vielfach wiederholt. … Das Dachgeschoss dient als Gewächshaus. Zusätzlich finden sich dort weitere Laborarbeitsplätze und Kommunikationsräume. So wird das Gewächshaus integrativer Bestandteil des gesamten Laborgebäudes.
Die Jury würdigt bei dieser Arbeit die Verbindung der klaren, fast nüchternen Anmutung eines Laborgebäudes mit den urbanen Funktionen im Erdgeschoss, die das Labor in dem neuen Stadtteil verankern. Zusätzlich lobt die Jury die funktionale Grundrissgestaltung und die Integration des Gewächshauses.“
Christa Liedtke: „Riverine – The River Flows Within“
Der Name „Riverine“ leitet sich vom Begriff selbst ab und steht in diesem Entwurf für „flussähnlich“. Die Vision berücksichtigt die Theorie der Biophilie und formuliert einen Energiefluss durch das bestehende Gebäude, welcher die Form des Anbaus bestimmt. Das Gebäude nimmt Gestalt an, indem es um vorhandene Bäume einem Weg folgt. Neue Bäume werden gepflanzt, um den Effekt der Biophilie zu verstärken. Der Anbau als Erweiterung des bestehenden Galerieflügels der Bonner Universität (Kurfürstliches Schlosses) nimmt somit eine abweichende Form zum historischen Gebäude an.
Das Erdgeschoss soll mit einem Café sowie Yoga- und Meditationsräumen auch der Öffentlichkeit dienen. Die Lernumgebungen befinden sich im Obergeschoss unter Einbeziehung flexibler und akustisch wirksamer Möbel. Die gebogene Glasfassade wird zurückgesetzt, um Balkonflächen zu schaffen und das Beschattungssystem zu unterstützen. Das Herzstück des Neubaus. bildet eine Wendeltreppe zusammen mit einem von der Kuppel herabhängenden Leuchter aus Recycling-Glas.
Die Grundrisse des Neubaus sind überwiegend offen geplant, während das bestehende Gebäude über feste Lehrräume verfügt. Die Kombination beider Gebäude bietet laut der Verfasserin das Beste aus beiden Welten – die neue unkonventionelle Art von New Learning und das traditionelle Lernen. Die Gebäude stehen im Kontrast zueinander, funktionieren aber dennoch harmonisch, um Lernräume für verschiedene Lernstile zu schaffen. Die Verfasserin möchte mit Ihrer Vision und ihrem Konzept zum Ausdruck bringen, dass wir als Menschen unsere Unterschiede feiern und diese zusammenbringen müssen, um eine bessere Zukunft zu gestalten.
Auszug aus der Würdigung der Jury
„Die Arbeit „Riverine – The River Flows Within “ skizziert auf leichte und erzählerische Weise ein besonderes Entwurfskonzept und setzt dieses für die Jury nachvollziehbar und glaubhaft um. Die Liebe zum Leben – und die damit verbundenen Aufgaben an die Architektur – stehen dabei im Zentrum der entwerferischen Position. Die Autorin beruft sich auf den Evolutionstheoretiker und Biologen E.O. Wilson, der diese Haltung in seiner Theorie der Biophilie ausformuliert hat.
Das Preisgericht würdigt insbesondere die ganzheitliche Auseinandersetzung der Verfasserin mit der Aufgabenstellung. Der organisch anmutende Neubau des „Student Hub“ nimmt sich zurück, versucht weder mit dem Galerieflügel des alten Bonner Schlosses noch mit dem Lenné-Haus zu konkurrieren. Bestand und Neubau bilden einen Ort der Symbiose, in welchem traditionelle und neue unkonventionelle Lern ‑und Lehrformen aber auch Bereiche für Erholung, Versorgung und Sport aufgehen. Der Entwurf setzt sich konsequent mit der adaptiven und gestalterischen Wiederverwendung von Wertstoffen, als klimafreundliche Alternative konventioneller Bauelemente auseinander und berücksichtigt nachhaltige Energiekonzepte.“
Ausblick campus³-Preis für die visionäre bauliche Weiterentwicklung von Hochschulen
Neben den guten Erfahrungen mit den eingereichten Entwürfen und dem Austausch mit den Preisträger:innen in den letzten Jahren erhielten wir dieses Jahr auch ein eindrückliches Feedback seitens einer Hochschule. Die SRH Heidelberg integrierte den Wettbewerb vorbildlich in den Stundenplan des internationalen Masterstudiengangs “Design for the Built Environment“. Ein herzliches Dankeschön an die Professoren der SRH Heidelberg, Herr Bartels und Herr Hammer, für das Interesse an der Zusammenarbeit mit der rheform.
Der campus³-Preis wird in 2023 erneut ausgeschrieben. Dem geschäftsführenden Gesellschafter und Gründer der rheform, Joachim Heintze, ist das Thema „Hochschulbau der Zukunft“ ein großes Anliegen und er ist an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit weiteren Lehrstühlen interessiert. Joachim Heintze appelliert an die Fakultäten, Entwurfsseminare zum Wettbewerbsgegenstand zu machen und lädt alle baufachlichen Disziplinen zum Mitmachen ein.
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