Neue Arbeitswelten für die Deutsche Bahn in München
Flächenkonsolidierung in einem Bestandsgebäude für drei Konzernbereiche
Höhere Arbeitsplatzqualität für mehr Menschen auf weniger Fläche – was nach einem Ding der Unmöglichkeit klingt, lässt sich mit Kreativität und Expertise realisieren. Der rheform – WorkplaceInnovation GmbH ist das bei einem Projekt für die Deutsche Bahn in München gelungen.
Im Zuge einer Flächenkonsolidierung ließen sich in einem Bürogebäude in der Innenstadt beim Hauptbahnhof zwei von sieben Geschossen abmieten. Auf der verbliebenen Fläche von knapp 5000 Quadratmetern entstanden zeitgemäße und nachhaltige Arbeitswelten für mehr als 200 Mitarbeitende aus drei Konzernbereichen, darunter eine neue Nutzergruppe. Heute befinden sich vor Ort Seminar- und Schulungsräume, Arbeitsplätze der Verwaltung sowie rund um die Uhr zugängliche Ruhe- und Pausenräume für Zugpersonal und Lokführer.
Das neu entwickelte Gestaltungskonzept für das Gebäude verbindet die unterschiedlichen Menschen in ihren Aufgaben und Bedürfnissen. Gleichzeitig stärkt es über eine individuelle Ausarbeitung die drei Nutzergruppen aus DB Vertrieb, Fernverkehr sowie Station & Service in ihrem Profil und Selbstverständnis. Das Orientierungskonzept mit eigens entwickelten Icons hat sich als so vorteilhaft erwiesen, dass diese inzwischen an weiteren Standorten der Deutschen Bahn im Einsatz sind.
Das Projekt und seine Herausforderungen
Drei Themen beschäftigte das Team um Chiara Poggi und Florian Furtner bei diesem Auftrag in besonderer Weise:
Koordination von Umbauten und Umzügen
In etwas mehr als 1,5 Jahren pfiff ein gewaltiger „Wind of Change“ durch das Gebäude aus dem Baujahr 2000 und ließ kaum einen Schreibtisch beim anderen. Zum Teil im laufenden Betrieb sanierten Handwerker den Bestand und schufen Platz für Neues. Immer wieder zogen Mitarbeitende innerhalb des Gebäudes um, in Interims aus oder nach Abschluss der Umbaumaßnahmen wieder in das Gebäude ein – zum Teil in andere Geschosse als zuvor, mit neuen oder alten Möbeln. Beim „Tag des offenen Büros“ wurden neue Räume eingeweiht und bestaunt, an anderen Tagen ganze Stockwerke an den Vermieter zurückgegeben. Dieses gewaltige Treiben verlangte eine Gesamtkoordination in einer extremen Detailtiefe. Sie umfasste die Terminplanung aller Arbeitsschritte und Gewerke vor Ort, inkl. Baustellenüberwachung und Umzugsplanung für mehr als 20 Abteilungen.
Flächenkonsolidierung
Dem zugrunde lag ein ausgereifter Plan, wie die Belegung nach Projektabschluss auszusehen hatte. Vorgaben des Brandschutzes erschwerten den vorrangigen Auftrag, Flächen einzusparen und im Zuge von Mobile Office eine hohe Desksharing-Quote umzusetzen. Eine offene Arbeitsfläche war nicht möglich. Flure mussten Flure bleiben. Nur wenige Zwischenwände konnten durchbrochen werden. Der Gestaltung waren enge Grenzen gesetzt. Mit viel Kreativität, Expertise und in enger Abstimmung mit den späteren Nutzer:innen ist es dem Planungsteam gelungen, den vorgegebenen Desksharing-Faktor von 0,6 einzuführen, d. h. in den Büroräumen teilen sich künftig zehn Mitarbeitende sechs Schreibtische. Parallel entstanden auf allen Geschossen zahlreiche Sonderräume. Agile Flächen, Work Cafés und Fokusräume für spezifische Aufgaben lösten die ursprüngliche Zellenstruktur ab und bieten nun Raum für innovatives Arbeiten, Austausch und Begegnung.
Im ersten Geschoss finden nach wie vor Lokführer und Zugpersonal aus dem DB Fernverkehr rund um die Uhr zugängliche Pausen- und Ruheräume, bevor ihre Reise weitergeht. Hier sollte vor allem die vormals wenig attraktive Raumgestaltung freundlicher, gemütlicher und praktischer werden.
Die ansprechender gestaltete Kaffee-Insel mit Versorgungselementen wie Mikrowelle, Wasserspender und Snackautomat erhielt an der Stirnseite zusätzliche Infomonitore. Vor Ort gibt es nun außerdem eine funktionalere Garderobe und unterschiedliche Sitzgelegenheiten mit Lounge- und Bistrocharakter.
Nachhaltigkeit
Bei der Umgestaltung des Münchener Bestandsgebäudes handelte es sich um eines der ersten „Momo-Projekte “ der Deutschen Bahn. Unter diesem Namen schafft der Konzern Arbeitsumgebungen für das mobile Arbeiten von morgen, die ressourcenschonend, zeitgemäß und nachhaltig sein sollen. Was das in der Realität und für die Arbeit in der Planung bedeutet, erfuhr das rheform-Projektteam, als es Aufnahmelisten für die spätere Möblierungsplanung erstellte. „Wiederverwerten, Abfall vermeiden und Kosten sparen“ lautete das Gebot der Stunde. Wo immer möglich, sollten keine neuen Möbel gekauft werden. Florian Furtner fing an, ein Megapuzzle zu legen. Zunächst bei der Belegungsplanung, als es darum ging, für über 20 Abteilungen einen IST- und einen SOLL-Plan zu erstellen. Darin hielt er fest, wer wo sitzt, wer wann wohin zieht, was mit den Möbeln in der Zwischenzeit passiert, wer neu dazu kommt und wie beim Einzug oder bei der Rückkehr der neue Arbeitsplatz möbliert sein soll.
Wiederverwertung von Bestandsmöbeln
Diese Umzugskoordination fand nicht nur in gefühlt mehr als 1000 Schritten statt, sondern auch mit mindestens genauso vielen Möbeln, die es zu erfassen, zu verteilen und neu zu ordnen galt. Das Ziel war, dass in jedem Raum nach Abschluss der Umbaumaßnahmen Tische, Stühle und Schränke zueinander passen und sich harmonisch in das neue Raum- und Gestaltungskonzept fügen.
Lücken sollte der Bestand schließen. Diese Herausforderung meisterte Florian Furtner in einem riesigen DB-Lager voller Gebrauchtmöbel am Münchener Ostbahnhof. Seitdem findet „Upcycling“ für den Planer in ganz anderen Dimensionen statt. Aus zwei alten Teeküchen gelang es ihm, über eine Schreinerlösung eine neue funktionsfähige zusammenbauen zu lassen. Unter tausenden von Einzelteilen fand er passendes Mobiliar für die neuen Arbeitswelten. Der Umzugsplan erhielt dadurch zwei zusätzliche Termine, an denen die ausgewählten Bestandsmöbel aus dem Lager angeliefert und über das gesamte Haus in alle Abteilungen und Konzernbereiche verteilt wurden. Dort sah es inzwischen ganz anders aus.
Das Gestaltungskonzept
Zum Zeitpunkt der Beauftragung waren die Konzernbereiche und ihre Abteilungen zwar räumlich in einem Bestandsgebäude vereint, doch sie hatten keinen Bezug zueinander. Das sollte sich über ein verbindendes Gestaltungskonzept ändern. Es entstand in einem partizipativen Prozess mit den Mitarbeitenden. Zum einen sollte es das individuelle Profil der einzelnen Bereiche bewahren, zum anderen über Design-Elemente einen verbindenden roten Faden Richtung Corporate Design schaffen.
Gemeinsam mit Vertreter:innen aus den Nutzergruppen entstand für jedes Geschoss ein eigenes gestalterisches Themengebiet. Dschungel für den DB Fernverkehr im 1.OG, Unterwasser für die Seminarfläche im 2.OG, Floral für DB Fernverkehr und Station&Service im 3.OG sowie Bayern für DB Vertrieb im 4.OG. Daraus folgte die weitere Ausgestaltung mit den entsprechenden Farbkonzepten, die sich in Tapeten, Wandfarben und Möbeln wiederspiegeln. Einen zusätzlichen Akzent setzten die Berliner Künstler Dosenfutter mit drei Graffiti für Foyerbereiche. Nach inhaltlichen Vorgaben erstellten sie Schablonen und sprühten bzw. malten die finalen Motive direkt an die Wände.
Darüber hinaus entwickelte das Gestaltungsteam mit den Mitarbeitenden eine einheitliche Beschriftung für ein gebäudeübergreifendes Orientierungskonzept. Seinen Kern bilden minimalistische Icons, die die rheform – WorkplaceInnovation eigens für die Zwecke dieses Kunden an diesem Ort entwickelt hat. Die Icons haben sich inzwischen so bewährt, dass sie über München hinaus bei der Deutschen Bahn auch an anderen Standorten und für andere Projekte zum Einsatz kommen.
Fotos:
Oliver Soulas
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