Modernisierung-Altbau - Treppenhaus der Evangelischen Hochschule Freiburg

Foto: Evan­ge­li­sche Hoch­schule Frei­burg, Photo Perspec­tive

Moder­ni­sie­rung der Evan­ge­li­schen Hoch­schule Frei­burg

Inte­grale Entwick­lung des Altbaus mit einer Hoch­schule in der Bauher­ren­rolle

Das Haupt­ge­bäude der Evan­ge­li­schen Hoch­schule Frei­burg wurde im August 2022 nach grund­le­gender Moder­ni­sie­rung plan­mäßig wieder­eröffnet. Tech­nisch war das alte Gebäude nicht mehr nutzbar. Die Projekt­fi­nan­zie­rung war anfangs unsi­cher. Aus Kosten- und Nach­hal­tig­keits­gründen sollte ein spar­sames Raum­kon­zept entstehen, obwohl infolge gestie­gener Studie­renden- und Perso­nal­zahlen mehr Menschen mehr Platz forderten.

Das Funda­ment für ein funk­tio­nie­rendes Gesamt­kon­zept: eine ziel­ori­en­tierte Bedarfs­pla­nung mit einer Projekt-Profil-Defi­ni­tion

In einem umfang­rei­chen Betei­li­gungs­pro­zess erar­bei­teten am Anfang alle Wissens- und Entscheidungsträger:innen das Funk­tions- und Raum­pro­gramm sowie den Kosten­rahmen für das Vorhaben. Diesem Kreis gehörten auch Studie­rende sowie Lehr- und Verwal­tungs­per­sonal an. Im Vorder­grund stand zunächst nicht das zu sanie­rende Gebäude, sondern das Selbst­ver­ständnis und die Arbeits­weisen der Menschen, die in den Struk­turen und Räumen der Hoch­schule agieren. So entstand ein präzises Bild davon, welche Flächen die Orga­ni­sa­ti­ons­ein­heiten für ihren Betrieb benö­tigen – heute und in Zukunft.

Mit dieser ziel­ori­en­tierten Bedarfs­pla­nung lösten die Projekt­be­tei­ligten gemein­schaft­lich und konsens­ge­bunden die Ziel­kon­flikte, die unter den Aspekten Funk­tion, Form, Zeit, Kosten und Nach­hal­tig­keit bestanden. Das Ergebnis ist ein mit allen Verant­wort­li­chen abge­stimmtes Anfor­de­rungs­profil und die Baukon­zep­tion – eine so genannte Projekt-Profil-Defi­ni­tion (PPD). Sie schafft einen immensen Wert für das Verga­be­ver­fahren und den gesamten weiteren Verlauf eines Baupro­jekts. Sie legt den Grund­stein für eine verbind­liche Zeit- und Kosten­pla­nung.

Auch wenn in der Entwick­lungs­phase die Projekt­be­tei­ligten viel­fäl­tige und zum Teil diver­gie­rende Vorstel­lungen und Ansprüche hatten – der Aufwand hat sich gelohnt. Die Vorteile der Vorge­hens­weise über­wogen auch hier: Je tiefer die Nutzer:innen in die Konzep­tion der Quali­täten von Flächen, Räumen und Gebäu­de­struk­turen einsteigen, desto leichter fällt es ihnen, perspek­ti­visch zu denken. Und je besser sie die Zwänge und Abhän­gig­keiten von Zeit, Kosten und Nach­hal­tig­keit verstehen, desto höher ist ihre Bereit­schaft, flächen­ef­fi­zient zu planen und darstell­bare Konzepte zu akzep­tieren. Diesem Prozess liegt ein spezi­fi­sches Projekt- und Kommu­ni­ka­ti­ons­ma­nage­ment zugrunde. Im Ergebnis gelingt es, den Nutz­wert von Fläche und Kubatur signi­fi­kant zu stei­gern. So entstanden auch an der Evan­ge­li­schen Hoch­schule Frei­burg zukunfts­wei­sende Lehr‑, Lern- und Arbeits­welten, mit vielen Gele­gen­heiten für Begeg­nung und spon­tane Kommu­ni­ka­tion.

Zukunfts­wei­sende Raum­kon­zepte für Lehre, Lernen, Arbeiten

Wo immer möglich sind die Lehr­räume im Seiten­ver­hältnis 1:1 bis 1:1,5 geschnitten. Diese Flächen­form erfüllt best­mög­lich die Anfor­de­rungen für unter­schied­liche didak­ti­sche Settings und hohe Nutzungs­fle­xi­bi­lität. Die Semi­nar­räume sind variabel nutzbar möbliert und für eine hybride Lehre ausge­rüstet.

Die meisten Semi­nar­räume grenzen unmit­telbar an die zentralen Verkehrs- und Begeg­nungs­flä­chen, die sich auf jeder Etage befinden. Vor der Sanie­rung waren diese Bereiche aus Gründen des Brand­schutzes reine Durch­gänge. Über die Verle­gung der notwen­digen Flucht­wege über drei Flucht­trep­pen­häuser nach außen lassen sich diese Flächen wieder nutzen. Vier Begeg­nungs­orte entstanden. Sie sind unter­schied­lich möbliert und decken Bedarfe aller Art ab.

So gibt es Platz zum Warten, Ausruhen und Arbeiten oder für Gespräche, Arbeits­gruppen und Meetings. Die Möblie­rung ist entspre­chend ange­passt und wech­selt von Sitz­gruppen mit Loun­ge­cha­rakter über hohe Bespre­chungs­ti­sche bis zu mobilen Würfel­ho­ckern für Grup­pen­ar­beiten mit unter­schied­li­cher Perso­nen­an­zahl. Das gewünschte Prinzip „Sehen und Gese­hen­werden“ funk­tio­niert über alle Etagen hinweg.

Die Biblio­thek wech­selte ihre Funk­tion in eine vorwie­gend dem Lernen und Lehren dienende  Studi­en­bi­blio­thek. So entstand Platz für viel­fäl­tige studen­ti­sche Arbeits­plätze auf zwei Etagen. Eine neu geschaf­fene Dach­ter­rasse bietet weiteren Aufent­halts­raum von hoher Qualität.

Im Bereich der Hoch­schul­ver­wal­tung, speziell der Service­be­reiche für Studie­rende, wurden Prozesse opti­miert und dafür neue service­ori­en­tierte Raum­kon­zepte entwi­ckelt. Die perso­nen­be­zo­genen Büros des Lehr­per­so­nals für konzen­triertes Arbeiten wurden auf das Wesent­liche redu­ziert. So entstanden neue Flächen für Kommu­ni­ka­tion und Begeg­nung, Bespre­chungs­räume und Lounges.

Termin- und Kosten­si­cher­heit über verbind­liche Vorgaben und eine inte­grale Vergabe

Die Phase der Kosten­pro­gnose und der PPD waren auch bei diesem Projekt von einem inten­siven Ringen nach einer ange­mes­senen und finan­zier­baren Lösung geprägt. Die Lösung brachte die inte­grale Projekt­ent­wick­lung und die Vergabe mit der „Design-to-Cost-Methode“. Bei diesem Verfahren sondieren die Verant­wort­li­chen bereits bei der Planung konse­quent für alle räum­lich-bauli­chen Aspekte die wirt­schaft­lichste Lösung. Eine große Aufgabe für alle Betei­ligten mit ihren unter­schied­li­chen Verant­wor­tungen: die Evan­ge­li­sche Landes­kirche in Baden als Investor und Bauherr, die Hoch­schule als Nutzer und Betreiber, Projekt­ent­wickler und Verga­be­ma­nager, Gene­ral­über­nehmer und Planer. In enger, konstruk­tiver Zusam­men­ar­beit ist es gemeinsam gelungen, in das verfüg­bare Budget „hinein­zu­planen“.

 

Auf Grund­lage der präzisen und verbind­li­chen Vorgaben zum Leis­tungs-Soll konnte der Gene­ral­über­nehmer in der Bauphase die Termine sicher steuern und den Zeit­plan stetig opti­mieren.  Zeit- und kosten­in­ten­sive Umpla­nungen traten nicht auf. So war es möglich, effi­zient in zwei Jahren zu bauen und die Moder­ni­sie­rung sogar drei Monate früher abzu­schließen als geplant.

Nach­hal­tige Sanie­rung und Bauweise

Unzu­rei­chende Wärme­däm­mung, über­holte Gebäu­de­technik und ekla­tante Mängel im Brand­schutz waren große Aufgaben der Sanie­rung. Die Gesamt­per­for­mance ist jetzt so gut, dass das Gebäude die DGNB-Zerti­fi­zie­rung in Gold erhalten wird – für bemer­kens­werte Leis­tungen in den Themen­fel­dern Ökologie, Ökonomie sowie sozio­kul­tu­relle und funk­tio­nale Aspekte.

  • Bei dem Sanie­rungs­kon­zept ging es vor allem darum, aus dem Flächen­be­stand des Altbaus das Maximum heraus­zu­holen. Diese spar­same, effi­zi­ente und funk­tio­nale Vorge­hens­weise wirkt sich direkt auf die Gesamt­öko­bi­lanz des Gebäudes aus.
  • Das Grund­ske­lett des Haupt­ge­bäudes aus Beton blieb erhalten. Ein lang­le­biger Baustoff ist so weiter in Nutzung.
  • Rund 70 Prozent des Bauschutts wurde bereits auf der Baustelle recy­celt.
  • Schad­stoff­armes Bauen hatte einen hohen Stel­len­wert, z. B. im Verzicht auf Decken­ver­klei­dung.
  • Über eine Fußbo­den­hei­zung, ener­gie­ef­fi­zient durch eine Grund­was­ser­wär­me­pumpe betrieben, wird im Winter geheizt und im Sommer „natür­lich“ gekühlt.

Fazit: Die Vorteile der Vorge­hens­weise

Die Qualität der Verfah­rens­weise zeigt sich insbe­son­dere an den Ergeb­nissen der zentralen Aspekte für das Bauvor­haben:

Funk­tion: Unter dem Fokus „Qualität statt Quan­tität“ entstanden funk­tional opti­mierte, zukunfts­fä­hige Lehr‑, Lern- und Arbeits­welten.

 

Form: Der ursprüng­liche Charakter des Altbaus aus den 1970er Jahren blieb erhalten. Die bauli­chen Verän­de­rungen infolge der Moder­ni­sie­rung fügen sich harmo­nisch in das Gesamt­bild ein. Campus und Haupt­ge­bäude bilden weiterhin das städ­te­bau­liche Zentrum in Frei­burg-Wein­garten.

 

Zeit: 3,5 Jahre inten­sive Planung und Entwick­lung legten die Grund­lage für eine nur zwei Jahre dauernde Bauzeit ohne zeit- und kosten­in­ten­sive Umpla­nungen. Drei Monate früher als geplant war die Sanie­rung abge­schlossen.

 

Kosten: Über alle Projekt­phasen hinweg opti­mierten die Verant­wort­li­chen beständig die Kosten. Das Kosten­ziel wurde erreicht.

 

Nach­hal­tig­keit: Gebaut wurde nur das Erfor­der­liche, nicht das anfangs Gefor­derte. Das sanierte Gebäude erhält die DGNB-Zerti­fi­zie­rung in Gold.

Bei dem Projekt handelt es sich um ein weiteres, rich­tungs­wei­sendes Beispiel, wie Insti­tu­tionen mit geringen perso­nellen Ressourcen die Bauher­ren­rolle über­nehmen und mit externer Unter­stüt­zung große Bauvor­haben erfolg­reich umsetzen können. Darüber hinaus setzte das Verfahren mit der Parti­zi­pa­tion in der Entwick­lungs­phase hoch­schul­in­tern einen inten­siven Kommu­ni­ka­ti­ons­pro­zess in Gang. Diesen bewerten die Verant­wort­li­chen als wert­vollen Zusatz­nutzen für die Orga­ni­sa­ti­ons­ent­wick­lung.

No Comments

Sorry, the comment form is closed at this time.