
Fundraising-Strukturen an deutschen staatlichen Hochschulen
Masterarbeit über Professionalisierung und Erfolg von Universitätsfundraising
Fundraising als Einnahmequelle spielt an deutschen staatlichen Universitäten nach wie vor eine eher untergeordnete Rolle. Dabei fordern aktuelle Rahmenbedingungen auch die hiesigen Institutionen regelrecht dazu heraus, Wege zu finden, um zusätzliche Ressourcen zu erschließen. rheform-Mitarbeiterin Valentine Ryhsen hat in ihrer Masterarbeit die gegenwärtige Fundraising-Situation an deutschen staatlichen Universitäten untersucht und deren Professionalisierung auf diesem Gebiet systematisch verglichen. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse identifizierte sie wichtige Treiber für die Professionalisierung und den Erfolg im Universitätsfundraising. Dazu zählen vor allem die Fundraising-Bereitschaft der Institution, die Persönlichkeit der Menschen, die mit dieser Aufgabe betraut sind sowie die Qualität der Beziehungspflege.
Titel der Arbeit: „Professionalisierung und Erfolg von Fundraising am Beispiel deutscher staatlicher Universitäten“.
Die Arbeit wurde am 16. März 2020 am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Public & Nonprofit Management von Prof. Dr. Bernd Helmig an der Universität Mannheim vorgelegt.
Zum Forschungsstand
Fundraising speziell an deutschen staatlichen Universitäten ist ein bislang noch nahezu unbearbeitetes Forschungsthema. Auf internationaler Ebene befassen sich jedoch verschiedene empirische Studien mit dem Einfluss von Professionalisierung auf den Fundraising-Erfolg. Sie weisen nach, inwiefern sich spezifische Maßnahmen und Merkmale direkt auf den Fundraising-Erfolg auswirken. Dazu zählen beispielsweise Investitionen in die Aus- und Fortbildung der Beschäftigten sowie die Größe der Fundraising-Abteilung.
Bei der Recherche stellte die Autorin fest, dass sich die Herangehensweise an das Thema, die Rahmenbedingungen und die Definition von Fundraising-Professionalisierung und ‑Erfolg in den international ausgerichteten Studien zum Teil erheblich unterscheiden. Vor diesem Hintergrund konnte sie aus den Studien keine generellen und übertragbaren Prognosefaktoren ableiten, mit denen sich der Einfluss von Professionalisierung auf den Fundraising-Erfolg deutscher Universitäten vorhersagen ließe. Als grundsätzliche Anhaltspunkte identifizierte sie jedoch mehrere Faktoren, die im Zusammenhang mit Fundraising-Professionalisierung immer wieder genannt werden. Sie sind in der nachstehenden Wortwolke abgebildet.

Identifikation der Haupttreiber für Fundraising-Erfolg
Aus einer vorläufigen Analyse der Fundrainsing-Arbeit aller 93 staatlichen Universitäten (inklusive Hochschulen mit Promotionsrecht) in Deutschland traf die Autorin eine qualifizierte Vorauswahl an Institutionen, deren Grad an Fundraising-Professionalisierung sich zum Zeitpunkt der Erhebung maximal unterschied. Mit 14 Kontaktpersonen führte sie Tiefeninterviews. Sie stellte Fragen zur Person, zum Grad der Fundraising-Professionalisierung sowie zu möglichen Erfolgsfaktoren und – indikatoren auf diesem Gebiet. Zehn Interviews flossen in die anschließende Auswertung ein. Diese ergab unter anderem, dass sich die deutschen Universitäten erst seit zwischen vier und 16 Jahren mit Fundraising beschäftigen. (Der durchschnittliche Wert liegt bei ca. zehn Jahren). Das Thema steckt in Deutschland somit noch in der Entwicklungsphase.
Als die drei Haupttreiber für Fundraising-Erfolg identifizierte die Autorin folgende Faktoren:
- Die Fundraising-Bereitschaft der Universität
- Persönlichkeit als Erfolgsindikator
- Die Qualität der Beziehungspflege
Faktoren für Fundraising
Die Fundraising-Bereitschaft der Universität
Die wichtigste Voraussetzung für Fundraising-Erfolg ist die Fundraising-Bereitschaft einer Universität, auch „institutional readiness“ genannt. Wie die Autorin darlegt, spielt dabei das persönliche Engagement der Präsidentin oder des Präsidenten eine wichtige Rolle. Menschen, die zu Großspenden in der Lage und bereit sind, wünschen sich häufig die Betreuung durch eine „wichtige Person“. Zusätzlich gehört zur Fundraising-Bereitschaft die Unterstützung durch andere Abteilungen, wie zum Beispiel durch das Marketing der Universität. Wichtig ist auch die Kooperationsbereitschaft innerhalb der Institution, d. h., dass Professor*innen und Dekan*innen dem Fundraising ihre Kontakte zugänglich machen und sich der Zusammenarbeit nicht verwehren. Als ein häufiges Problem in diesem Kontext wurde der Autorin das Vorhandensein von „Bereichsegosimen“ genannt.
Persönlichkeit als Erfolgsindikator
Arbeitserfahrung, Soft-Skills und bestimmte Persönlichkeitsmerkmale, wie gesunder Menschenverstand, Interesse an Menschen und Empathie scheinen einen größeren Einfluss auf den Erfolg der Fundraising-Arbeit zu haben als theoretisches Wissen. Das zeigt sich darin, dass ein Großteil der Personen, der sich mit dieser Aufgabe beschäftigt, zwar eine fachfremde Ausbildung hat, sich jedoch nicht über fehlendes Fachwissen beklagt. Eine zentrale Rolle spielen den Interviewten zufolge ihre Persönlichkeit und ihr Auftreten.
Qualität der Beziehungspflege
Im Hinblick darauf gibt es eine Vielzahl verschiedener Herangehensweisen und Formen der konkreten Umsetzung. Im Fokus steht im Universitätsfundraising jedoch stets die persönliche Beziehungspflege in unterschiedlichen Ausprägungen. Allen Fundraiser*innen ist es sehr wichtig, über verschiedene Wege, Formate und Kanäle den persönlichen Kontakt zu den Fördernden zu halten.

Fünf Fragen an…
Valentine Ryhsen studierte den M.Sc. Management an der Universität Mannheim.
Von April 2017 bis März 2020 war sie in der rheform GmbH als Praktikantin und später als studentische Hilfskraft tätig. In der Zeit war sie in verschiedene hochschulspezifische Projekte der Strategie- und Organisationsberatung eingebunden und mit Inhalten für die Unternehmenskommunikation betraut. Seit dem 1. Mai 2020 arbeitet sie in der rheform – EntwicklungsManagement GmbH im Bereich Zielorientierte Bedarfsplanung.
Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Public- und Nonprofitmanagement war ein Schwerpunktthema meines Studiums. Insbesondere ein Seminar zu Fundraising von Non-Profit-Organisationen (NPOs) hat mir viel Spaß gemacht und mich sehr interessiert. Ich fand es spannend, einige Erkenntnisse aus diesem Seminar in einem anderen Sektor zu untersuchen. Weil ich in meiner Arbeit als Werkstudentin für rheform viele Schnittstellen zu Hochschulthemen hatte, boten sich Universitäten regelrecht an.
Welche Erkenntnis war für Sie am überraschendsten?
Nur wenige Fundraising-Expert*innen haben eine konkrete fachspezifische Ausbildung in diesem Bereich. Viele sehen außerdem Fundraising als eine Arbeit, für die man zum einen eine bestimmte Persönlichkeit haben muss und für die man sich zum anderen viel, wenn nicht sogar das meiste durch learning by doing aneignen kann. Diese Aspekte fand ich sehr aufschlussreich.
Worauf kommt es beim erfolgreichen Fundraising Ihrer Meinung nach vor allem an?
Hier muss man unbedingt die unterschiedlichen Zielgruppen unterscheiden. Beim Großspenden-Fundraising, das im Universitätskontext eine wichtige Rolle spielt, kommt es vor allem darauf an, dass sich die Förder*innen wertgeschätzt fühlen. Das gelingt durch eine gute und persönliche Beziehungspflege und vor allem durch das Engagement von „wichtigen“, d. h. hierarchisch hervorgehobenen Persönlichkeiten.
Welche Perspektive hat Ihr Thema?
Deutsches Universitätsfundraising steckt noch in der Entwicklungsphase und wird in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen. Davon bin ich überzeugt. Ein wichtiger Indikator dafür war beispielsweise die Einführung des Deutschlandstipendiums im Jahr 2011, das wichtige Anstöße für den Auf- bzw. Ausbau von Fundraising-Strukturen gegeben hat.
Wie können Sie Inhalte und Ergebnisse Ihrer Arbeit aktuell in der rheform GmbH einbringen?
Obwohl wir uns bei der rheform aktuell nicht mit Fundraising-Beratung befassen, habe ich den Eindruck, dass ich über meine Masterarbeit viele Erkenntnisse und Impulse erhalten habe, die ich gut einbringen kann. Gerade durch die zum Teil sehr persönlichen Interviews erhielt ich tiefe Einblicke in die Funktionsweise von Universitäten. Über die zugesicherte Anonymisierung und den garantierten vertraulichen Umgang mit den Aussagen öffneten sich die Ansprechpartner:innen mir gegenüber. Häufig ging es dabei um strukturelle oder organisationale Probleme, z. B. das Denken in Hierarchien oder um Bereichsegoismen. Diese Phänomene sind nicht spezifisch im Fundraising verortet, sondern spielen grundsätzlich bei der Beratung von Hochschulen eine wichtige Rolle. Auf diese Weise habe ich viel gelernt und kann mich nun noch einmal ganz anders in meine Kundinnen und Kunden hineinversetzen.
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