FORTRAMA 2024
rheform auf der Jahrestagung des Netzwerks für Forschungs- und Transfermanagement
Transfer – was ist das eigentlich? In der Hochschulgemeinschaft ist der Begriff inzwischen fest etabliert, doch die Fülle an Auslegungen führt dazu, dass manchmal nicht einmal die Angestellten einer Universität, Fachhochschule oder Hochschule für angewandte Wissenschaft genau erklären können, was mit „Transfer“ gemeint ist. Verständlicherweise, denn das Transferverständnis hat sich in den letzten Jahren stark verändert.
Seit 2003 gibt das Netzwerk für Forschungs- und Transfermanagement, kurz FORTRAMA, Antworten auf diese Frage. Die Jahrestagung des Netzwerks fand Mitte März in Regensburg statt und stand unter dem Schwerpunktthema „KI und deren Bedeutung für Forschungsförderung und Transfer“. An der Ostbayerischen Technischen Hochschule tauschten sich rund 400 Besucher:innen aus den Bereichen Forschungsmanagement, Wissens- und Technologietransfer, Nachwuchsförderung und Drittmittelbewirtschaftung aus. Auch die Strategieberater:innen der rheform, die sich in ihrer Beratungspraxis täglich mit dem Thema Transfer beschäftigen, brachten auf der FORTRAMA ihre Expertise ein.
Transfer: Chance und Herausforderung für Hochschulen
In ihrem Vortrag „Transferpotenziale aktivieren und erheben mittels einer strukturierenden Transferindikatorik“ sprachen Dr. Cindy Konen und Mark Maslowski über ein neues Transferverständnis und die Möglichkeit, es an Hochschulen gewinnbringend einzusetzen.
Heute bezeichnet Transfer all jene Leistungen, Erkenntnisse und Bereiche, in denen Hochschulen und ihre Mitglieder Einfluss auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik haben – und umgekehrt. „Das neue Transferverständnis ist multidirektional und sehr breit gefasst“, erklärte Konen. So zählt zum modernen Verständnis eben nicht nur das Patent oder eine neue Software, sondern zum Beispiel auch eine Kunstausstellung, bei der Bilder von Studierenden gezeigt werden oder das veröffentlichte Ergebnis einer neuen psychologischen Studie.
Der Transfer ist mittlerweile auch in den Hochschulgesetzen verankert. Neben Forschung und Lehre ist er ein Teilbereich der sogenannten „Third Mission“ von Universitäten, Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaft und unterstützt diese in ihren Aufgabenfeldern. Er bietet Hochschulen aber auch ein Instrument zur Stabilisierung und bestenfalls sogar Steigerung ihrer Finanzmittel vor dem Hintergrund einer sinkenden Grundfinanzierung. Dadurch können zusätzliche Forschungsprojekte entstehen und Stellen geschaffen werden. Durch ausgeprägte Transferaktivitäten können Hochschulen aber auch entscheidende Wettbewerbsvorteile hinsichtlich der Anwerbung von Studierenden, Forschenden und Lehrpersonal erreichen.
Aber woher weiß eine Hochschule, wie viel Transfer sie betreibt? Und wie kann man Transferaktivitäten bewerten? Dazu stellten Cindy Konen und Mark Maslowski in der Folge ihres Vortrags eine Vorgehensweise und Methodik vor.
Mit einer Transferindikatorik zum Ziel
In ihrer Forschungsarbeit, die dem Vortrag zugrunde liegt, hat Cindy Konen eine Transferindikatorik entwickelt, mit der Fachhochschulen und Universitäten ihre Transferaktivitäten erkennen können. Wie die rheform-Mitarbeiterin ausführte, beginnt an dieser Stelle nämlich oft schon das Problem: Es gibt fast keine Systeme, die an den Hochschulen die entsprechenden Transferdaten erheben. Die rund 120 von Konen erarbeiteten Transferindikatoren geben einen umfassenden Überblick darüber, wie Transferaktivitäten an Hochschulen aussehen können und wo sie zu finden sind. Dabei wurden nur Daten berücksichtigt, die entweder bereits vorhanden sind oder erhoben werden können. Außerdem mussten alle Daten einen Zielbezug haben, also Informationen über das Ergebnis des Transfergeschehens enthalten.
Aufgrund begrenzter personeller und zeitlicher Ressourcen und eines eingeschränkten Zugangs zu den benötigten Daten können an den Hochschulen i. d. R. jedoch nicht alle diese Indikatoren erhoben werden. Wählen sie allerdings die für sie relevantesten zehn bis zwölf aus und überprüfen diese für ihre Institution, so bekommen sie laut Konen einen sehr guten ersten Eindruck über die Transferaktivitäten. Denn Stand heute ist es der Referentin zufolge noch eine Utopie, das Transfergeschehen einer Hochschule vollständig abbilden zu wollen. „Viele Faktoren des Transfers sind immer noch schwer oder gar nicht messbar“, meinte sie. Zwar kann man zum Beispiel die Anzahl an Publikationen einer Hochschule sehr gut erheben, doch der Einfluss, den diese Artikel in ihrem jeweiligen Erscheinungsgebiet haben, ist nur schwer quantifizierbar. Daher lohnt es sich, so ihre Empfehlung, nur diejenigen messbaren Transferindikatoren zu berücksichtigen, die für die jeweilige Fachhochschule oder Universität besonders relevant sind.
Im weiteren Teil des Vortrags stellte Datenanalyst Mark Maslowski aus dem Data Lab der rheform ein leicht bedienbares Tool zum Thema vor und erläuterte sein Aussagepotenzial. Mit dem Transferdashboard können Universitäten und Hochschulen ihre Transferaktivität dem Transfergeschehen bestimmter Vergleichshochschulen gegenüberstellen. Indikatoren für die Transferaktivität sind in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Zahl der Publikationen mit Praxispartner:innen oder die der Forschungsprojekte auf Förderlinien. So können Universitäten und Fachhochschulen nicht nur ihre aktuelle Transferaktivität im Feld verorten, sondern auch Perspektiven und Potenziale für neue Transfermöglichkeiten erkennen.
Doch was kann eine Hochschule tun, wenn sie im Vergleich schlecht abschneidet? Cindy Konen schlägt vor, am besten ganz unten, in den kleinsten Einheiten anzufangen. Denn eine Transferstrategie, die von der Hochschulleitung festgelegt wird, kann auf dem Papier sehr gut aussehen. Wenn sie aber nicht mit der Realität der Hochschulmitglieder übereinstimmt, wird sie scheitern. Die Hochschule muss es sich also zur Aufgabe machen, die intrinsische und externe Motivation zum Transfer zu steigern, zum Beispiel, indem sie die Transferindikatoren mit einem Anreizsystem koppelt. So wird eine Hochschule nach Ansicht der Referentin nicht nur zukunfts- und konkurrenzfähig, sondern steigert auch die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitglieder. Konens Meinung nach wird eine praktikable Transferindikatorik immer wichtiger, da die Erwartungshaltung an das Transfergeschehen von Fachhochschulen und Universitäten weiter wachsen wird.
Dieser Position folgten auch die Zuhörer:innen. Das Publikum, größtenteils Transferakteur:innen, war von vielen Aspekten überrascht und ergänzte den Vortrag am Ende mit zahlreichen Nachfragen. Auf besonderes Interesse stießen Vorgehensweisen zur Implementierung der Transferindikatorik, zum Beispiel, wie viele Indikatoren ausreichen und wie sich Transferaktivitäten mit möglichst wenig Aufwand erheben lassen.
Transfer-Beratung als Dienstleistung der rheform
Für die rheform GmbH waren außer Cindy Konen und Mark Maslowski Marcel John und Dr. Philipp Adler vor Ort. Insbesondere unsere Data Lab-Kollegen, die mit den interaktiven Grafiken des Hochschulmonitors die Entwicklung von Universitäten und Hochschulen unterstützen, beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit dem Thema Transfer. „Transfer ist nicht nur aus monetären Gründen wichtig“, betonte Dr. Philipp Adler, Leiter des Data Labs. „Er steigert die Attraktivität einer Hochschule und ihr Ansehen in der Gesellschaft. Das sind Faktoren, die für die Zukunft entscheidend sein können.“
Das rheform-Team fand den Austausch mit den Akteur:innnen der Hochschullandschaft wie immer sehr gewinnbringend und freut sich auf die weitere Entwicklung der Transferindikatorik und des Transferdashboards.
Fotos:
rheform
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