
Hochschulen zwischen Sparzwang, Transformationsauftrag und den Chancen von New Work
Veranstaltung über nachhaltigen Hochschulbau und neue Arbeitswelten
Die Folgen der Pandemie, die Energiekrise und ambitionierte Flächenvorgaben der Landesregierungen zeigen deutlich: New Work ist auch an Hochschulen längst kein bloßer Trend mehr, sondern ein strategisches Instrument zur Zukunftssicherung. Ob aus Klimaschutzgründen, zur Effizienzsteigerung oder als Antwort auf wachsende Nutzerzahlen bei begrenztem Raum – neue Arbeitswelten bieten Potenzial, aktuelle Herausforderungen intelligent zu lösen.
Um Hochschulen bei diesem Wandel zu unterstützen, hatte die rheform GmbH gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner designfunktion zu einem exklusiven Gesprächsforum eingeladen. Die Veranstaltung richtete sich ausschließlich an Hochschulangehörige, die auf Leitungsebene oder in den Bereichen Hochschulentwicklung, Gebäudemanagement und Bau Verantwortung tragen. „Raum für Innovationen: Neue Arbeitswelten für einen nachhaltigen Hochschulbau“ war das Thema des Abends. Der Veranstaltungsort selbst war Programm: Die Räumlichkeiten der designfunktion in Hamburg boten ein inspirierendes Beispiel für multifunktionale Flächen, modulare Möblierung und moderne New-Work-Konzepte – bestens geeignet, um über neue Raumlösungen für Wissenschaftseinrichtungen miteinander ins Gespräch zu kommen.

Impulse für New Work im Hochschulkontext: Strategie, Planungskompetenz und Design trifft auf Wissenschaft
Die Teilnehmenden waren eingeladen, sich von drei pointierten Impulsen aus Praxis, Wissenschaftsberatung und Hochschulmanagement inspirieren zu lassen und miteinander über zentrale Fragen zu diskutieren:
- Mit welchen Maßnahmen lassen sich die knappen Ressourcen an Hochschulen effizienter einsetzen?
- Wie können Hochschulen von New-Work-Erfahrungen in Unternehmen profitieren?
- Welche Erfahrungen machen Kolleg:innen, die neue, zeitgemäße Arbeitsflächen einführen, auf denen mehr Menschen produktiv und zufrieden tätig sein sollen?
Impuls 1: New Work – mehr als bunte Büros
Samir Ayoub, CEO der designfunktion Gruppe, hat in seiner Laufbahn viele hundert Transformationsprojekte begleitet. In seinem Impulsvortrag warb er eindringlich dafür, New Work nicht auf eine Lifestyle-Maßnahme oder ein Kostensparmodell zu reduzieren. Stattdessen lud er dazu ein, das Konzept als wertebasierte Neuausrichtung der Arbeitswelt zu verstehen, die sich in einem stimmigen Dreiklang aus Raum, Organisation und Technologie entfaltet. In diesen drei Handlungsfeldern und ihren Schnittmengen erkennt er den Bauplan von New Work.
Gerade für Hochschulen eröffnet diese Perspektive neue Möglichkeiten: Räume werden zum strategischen Werkzeug, um Kultur zu stärken, Talente zu binden und nachhaltiger zu wirtschaften. Er beschrieb, welche Chancen und Vorteile darin liegen, wenn man einen personalisierten Arbeitsplatz gegen zehn bestens ausgestattete Arbeitsoptionen tauscht. Im Ergebnis geht es dabei nicht nur um weniger Fläche, sondern viel mehr um bessere Qualität: Licht, Akustik, Möblierung und Atmosphäre beeinflussen direkt die Leistungsfähigkeit. Verdichtung kann – richtig gestaltet – Nähe und Wir-Gefühl fördern.
Samir Ayoub betonte: „Das Büro der Zukunft ist keine Kirmes, sondern ein Ort des Wir. Raum wirkt, aber nur, wenn er glaubwürdig zur Identität der Organisation passt.”

Impuls 2: Mehr als Flächenmanagement: Transformation an Hochschulen strategisch begleiten
Joachim Heintze, geschäftsführender Gesellschafter der rheform GmbH, zeigte anhand von Projektbeispielen aus der Praxis, wie selbst mit sparsamen Konzepten flexible Raumlösungen entstehen, die Innovation, Kollaboration und Nachhaltigkeit fördern. Dabei vertritt er die Position: Transformation beginnt nicht beim Gebäude, sondern bei der Organisation und ihrer Kultur.
Voraussetzung für eine zukunftsfähige Veränderung ist seiner Meinung nach eine Hochschulleitung, die klar zum Transformationsprozess steht und diesen aktiv vorantreibt. Ebenso entscheidend sind ein hohes Maß an Transparenz, Kommunikation und Partizipation der Nutzer:innen.
Sein Plädoyer: Neue Arbeitswelten an Hochschulen erfordern ein integrales Gesamtkonzept. Denn je nach Hochschulkontext und Aufgabenstellung ergeben sich unterschiedliche Prioritäten, Dynamiken und Zeitachsen. Er setzt auf modulare Konzepte, die Flächen langfristig flexibel nutzbar machen, weil sie den sich stetig verändernden Anforderungen angepasst werden können. Schließlich wissen wir heute noch nicht, wie wir in fünf oder zehn Jahren arbeiten, lehren, lernen und forschen werden.
„Mit Weitblick und System denken und auf Vielfalt setzen“, lautet Heintzes Credo. Räume sollten immer als Möglichkeitsräume gestaltet werden. Nur wer Flächen, Möblierung und Nutzung im variablen Zusammenspiel denkt, schafft echte Flexibilität.
Ob offene, halboffene oder geschlossene Bereiche – der passende Mix ergibt sich aus den jeweiligen Arbeitsweisen und Bedarfen der Nutzer:innen. Patentrezepte gibt es dabei nicht. Jede Hochschule geht ihren eigenen Weg – partizipativ, individuell und abgestimmt auf ihre gelebte Kultur von Lehre, Forschung und Zusammenarbeit. Wer diesen Prozess ernsthaft gestaltet, nimmt die Menschen mit, überwindet Blockaden und schafft funktionierende Lösungen, die langfristig Bestand haben.

Impuls 3: Veränderung gestalten – aus der Hochschule heraus
Dr. Anja Franke-Schwenk, Kanzlerin der Fachhochschule Kiel, gab einen Einblick in ein Entwicklungsprojekt auf dem eigenen Campus. Im Zentrum ihres Vortrags stand ein Hochhaus, in dem heute die beiden größten Fachbereiche der FH Kiel untergebracht sind: Wirtschaft sowie Soziale Arbeit & Gesundheit. Ein Brandschutzproblem drohte das Gebäude stillzulegen. Die Kanzlerin sah in den gesetzlichen Vorgaben des Energiewende- und Klimaschutzgesetz (EWKG) eine einmalige Chance, die Rahmenbedingungen zugunsten der Hochschule zu nutzen.
In Zusammenarbeit mit der rheform GmbH erarbeitete die Hochschule eine fundierte Daten- und Planungsgrundlage – von realen und wahrgenommenen Flächenbedarfen bis hin zur Flächensteuerung auf Basis geltender Kennzahlen. Ein Instrument zur hochschulinternen Flächensteuerung entstand. Die gewonnenen Daten wurden zur Grundlage eines breit angelegten internen Dialogs. Aus ihm heraus entstanden gemeinsam mit den Nutzer:innen für jeden Fachbereich spezifische Konzepte für die Nutzung, Möblierung und Gestaltung – sowohl für die neuen Arbeitswelten als auch die neuen Lehr- und Lernbereiche.
Besonders wertvoll für die Zuhörenden waren die offenen Einblicke in Anja Franke-Schwenks strategische Vorgehensweise. So sprach sie auch über ihre Erfahrungen mit den verschiedenen Interessenvertretungen, den Befürwortern und Gegnern des Konzepts und ihre persönliche Haltung.
Ihr Fazit: Erfolgreiche Transformation gelingt nicht durch Planung allein, sondern durch kontinuierliche Gespräche auf Augenhöhe. Was es dafür braucht, ist ein echtes Commitment aller Beteiligten, Offenheit gegenüber unterschiedlichen Dynamiken und das Vermögen, die richtigen Prioritäten zu setzen.

Fazit: Austausch und Kooperation als Schlüssel zu erfolgreichem Wandel im Hochschulbau
In den Diskussionen und Rückfragen wurde deutlich: Der Bedarf an Austausch zum Thema neue Arbeitswelten im Kontext von nachhaltigem Hochschulbau ist groß. Viele Teilnehmende berichteten von eigenen Transformationsprozessen, teils angestoßen durch Sanierungsdruck, teils aus strategischem Gestaltungswillen heraus.
Die Anwesenden waren sich einig: Transformation braucht Klarheit, Haltung und Ressourcen. Ohne Budgetrahmen bleibt Veränderung Illusion, ohne Beteiligung bleibt sie hohl.
Ein weiterer Aspekt wurde am Abend ebenfalls deutlich: Begriffe wie „Desksharing“ oder „Büroflächenoptimierung“ sind negativ besetzt. Stattdessen braucht es eine neue Sprache, die motiviert und Lust auf Veränderung macht. Denn letztlich geht es nicht um den Verlust eines Arbeitsplatzes, sondern um den Gewinn neuer Arbeitsmöglichkeiten: Beratungsräume, Begegnungszonen, hybride Settings, Rückzugsorte. Eine Hochschule, die das fördert, gewinnt mehr als nur weniger Fläche.
Die zentrale Erkenntnis des Abends lautete deshalb: Es gibt nicht die eine Lösung – aber es gibt viele gute Ansätze. Der Schlüssel liegt im Austausch, in der ehrlichen Unterstützung seitens der Hochschulleitung und in der gemeinsamen Entwicklung individuell angepasster Strategien. Der Wandel im Hochschulbau ist nicht nur eine bauliche Frage, sondern auch eine kulturelle, organisatorische und strategische Herausforderung. Und sie erfordert viele, die miteinander reden, um zu gestalten. Genau deshalb sind weitere Formate in diesem Rahmen geplant. Weitere Informationen folgen.



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