Von der Matrix-Hier­ar­chie ins dezen­trale Netz­werk

Change Manage­ment in der Praxis im Veran­stal­tungs­format „rhe:think“

Von der Nebel­kerze „New Work“ in die echte Trans­for­ma­tion“.  Mit einem Best-Prac­tice-Beispiel ging das Veran­stal­tungs­format „rhe:think“ der rheform – Work­place­In­no­va­tion GmbH in die nächste Runde. Der Schwer­punkt dieses Mal: Wie gelingt einem Unter­nehmen der Wechsel weg von einer hier­ar­chi­schen Matrix-Orga­ni­sa­tion hin zum Netz­werk und weit­ge­hend selbst­or­ga­ni­sierten Teams? Am Fall der meta­fi­nanz Buis­ness & IT Consul­ting erläu­terten deren Geschäfts­führer Axel Kummer und New Work Stra­te­gist Matthias Gotz, was bei solch einem Vorhaben zählt und wie man sich gemeinsam mit mehreren hundert Mitarbeiter:innen auf die Reise macht. Der bewusst klein gehal­tene Teil­nah­me­kreis aus Menschen verschie­dener Bran­chen und Orga­ni­sa­tionen hat sich erneut bewährt. Rasch entstand zwischen Refe­renten und Gästen ein vertrau­ens­voller und persön­li­cher Austausch zu einem wich­tigen Thema: Welche Rahmen­be­din­gungen braucht erfolg­rei­cher Change?

Austau­schen und vernetzen zu New Work in der Praxis – Teilnehmer:innen bei rhe:think

Die Refe­renten: Axel Kummer, Geschäfts­führer (links) und Matthias Gotz, New Work Stra­te­gist & Digital Pioneer (rechts), beide meta­fi­nanz Busi­ness & IT Consul­ting

Geschäfts­führer Axel Kummer vertritt eine klare Posi­tion zu „New Work“. Die Diskus­sion über Home-Office, Präsenz­pflichten und virtu­elle Tools hält er für eine Nebel­kerze, die den Blick aufs Wesent­liche verstellt: Arbeit muss sich seiner Meinung nach um den Menschen neu orga­ni­sieren und ein zukunfts­fä­higes Arbeits­er­lebnis für Beschäf­tigte und Unter­nehmen herstellen. Diesen Schritt ist er vor sechs Jahren gegangen, als aus unter­neh­me­ri­schen Gründen eine Neustruk­tu­rie­rung der meta­fi­nanz ange­zeigt war. Damals hat er mit seinen Vorstands­kol­legen die klas­si­sche Matrix­struktur des Unter­neh­mens aufge­bro­chen, Hier­ar­chien in der Wert­schöp­fungs­struktur abge­schafft und die damals über 500 Mitar­bei­te­rinnen und Mitar­beiter in weit­ge­hend selbst­or­ga­ni­sierten Teams in einem dezen­tralen Netz­werk neu aufge­stellt.

Erfolg­rei­cher Wandel durch Kommu­ni­ka­tion und reflek­tiertes Mindset

Der Prozess war, wie er zugibt, fordernd und sport­lich („wir haben uns inner­halb von drei Monaten radikal verän­dert“), im Ergebnis war er jedoch erfolg­reich, und er funk­tio­niert bis heute für eine Beleg­schaft von mitt­ler­weile über 800 Menschen. Als Gründe dafür postu­lierten die beiden Refe­renten zwei Thesen, die sie im weiteren Verlauf mit den Anwe­senden disku­tierten:

  • Projekte schei­tern nicht an Technik oder Know-how, sondern an Kommu­ni­ka­tion. Unter­nehmen müssen deshalb eine gute Zusam­men­ar­beit ermög­li­chen.
  • New Work beginnt immer beim Indi­vi­duum und damit bei sich selbst. Das erfor­dert ein reflek­tiertes Mindset, neue Verhal­tens­weisen und unter­stüt­zende Rahmen­be­din­gungen. Für diese Selbst­re­fle­xion braucht das Indi­vi­duum Unter­stüt­zung, z. B. durch agile Coaches oder ähnliche neue Rollen.

Raum­pro­gramm, Trans­pa­renz und Verant­wor­tung als Grund­lage für eine produk­tive und gesunde Beleg­schaft

Zum Einstieg stellten die Refe­renten über ein kurzes Video die Büro­land­schaft des Unter­neh­mens vor und erläu­terten ihre Vorstel­lung von gelin­gender Zusam­men­ar­beit.

Bei der meta­fi­nanz findet die Beleg­schaft über mehrere Etagen Räume für verschie­dene Bedürf­nisse und Arbeits­weisen. Es gibt Flächen für agiles Arbeiten in unter­schied­li­chen Konstel­la­tionen, eine Event-Area für Veran­stal­tungen mit Gästen, Einzel­ar­beits­plätze, aber auch Ruhe­räume und einen Fitness­be­reich. Die Büro­räume sind anspre­chend gestaltet und strahlen eine Wohl­fühl­at­mo­sphäre aus.

Das Büro als Ort der Begeg­nung auf sechs Etagen. Das Beispiel meta­fi­nanz Busi­ness & IT Consul­ting

In die „Orte der Begeg­nung und Kommu­ni­ka­tion“ hat das Unter­nehmen viel inves­tiert – nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Gedanken. „Wir haben ein gutes Jahr lang umge­baut. Das hat wegen Corona so lange gedauert und war ein Glück, denn die ersten Pläne haben wir komplett verworfen, weil uns klar wurde, dass die Folgen der Pandemie die Büro­ar­beit dauer­haft stark verän­dern werden“, erklärte Axel Kummer. Matthias Gotz ergänzt, dass an einen Abschluss der Umge­stal­tung gar niemand denkt: „Meta is always beta: Nur weil ich jetzt etwas entscheide, muss das nicht zehn Jahre so bleiben. Wir passen uns ständig an und verän­dern weiter.“

Die hohe Bereit­schaft zu Change bezieht sich nicht nur auf die Räume, sondern auch auf die Menschen und Teams und ihr Wirken. „Wir können alle gut mit Dynamik und komplexen Situa­tionen umgehen. Bei uns gibt es kaum wieder­keh­rende Tätig­keiten. Alles mischt sich ständig neu. Dafür brau­chen wir ein entspre­chendes Mindset und ein hohes Bewusst­sein für „Was kann ich und wo finde ich mich mit meinen Stärken wieder?“, so Matthias Gotz.

Für ihr Tun haben die Mitar­bei­te­rinnen und Mitar­beiter eine hohe Gestal­tungs­frei­heit. Sieht jemand Poten­zial für ein neues Geschäft und findet vier Personen, die mitziehen, können die Leute die Idee umsetzen.

Bei allen Annehm­lich­keiten betonen Axel Kummer und Matthias Gotz jedoch einen klaren Stand­punkt als Erwar­tung an die Mitarbeiter:innen: Verant­wor­tung, Leis­tung und Ergebnis. Jedes Team, das in der Regel aus fünf bis 15 Personen besteht, ist für seine Wert­schöp­fung selbst verant­wort­lich, d. h., jedes Team muss sich finan­ziell selbst tragen und mehr erwirt­schaften als es verbraucht. Und jedes Team ist auch selbst dafür verant­wort­lich, dass es „funk­tio­niert“ und Konflikte selbst löst. Einen hohen Stel­len­wert hat in diesem Zusam­men­hang Trans­pa­renz, die Kontrolle ablöst. So können alle Team­mit­glieder jeder­zeit alle Geschäfts­zahlen einsehen und die Perfor­mance ihres Teams mit anderen verglei­chen.

Im Gegenzug sind unter­neh­me­ri­scher Frei­raum, Ausgleich, Health und Well­being fest in der Unter­neh­mens­kultur veran­kert. In vielen Work­shops gibt es z. B. eine Sport­ein­heit. „Wer viel Verant­wor­tung über­nimmt, braucht eine gute Balance, denn wir wollen die Leute lange gesund bei uns halten. Acht­sam­keit ist deshalb für uns kein Trend­thema, sondern eine Grund­not­wen­dig­keit“, sagt Matthias Gotz. Und die ist durchaus unter­neh­me­risch moti­viert. Die klas­si­schen New Work-Aspekte haben für die meta­fi­nanz nämlich vor allem eine „hohe Busi­ness­re­le­vanz“. Dass er damit auch attrak­tive Arbeits­plätze schafft, spielt für Axel Kummer eher eine nach­ge­la­gerte Rolle.

Auch dieses Mal brach „rhe:think“ das tradi­tio­nelle Vortrags­format auf und setzte von Anfang an auf Austausch zu den spezi­ellen Inter­essen der Anwe­senden aus ihren jewei­ligen beruf­li­chen Kontexten. Ein Auszug:

  • Was für Menschen arbeiten bei euch?“ – „Menschen mit Leis­tungs- und Gestal­tungs­willen.“
  • Gibt es bei euch Gehalts­trans­pa­renz?“ – „Nein, die Beleg­schaft hat sich dagegen ausge­spro­chen. Unsere Gehalts­bänder sind jedoch trans­pa­rent.“
  • Wie behält man den Über­blick bei so vielen selbst­or­ga­ni­sierten Menschen?“ – „Gar nicht. Es gilt der Mut zur Lücke. Ich weiß inzwi­schen nicht mehr, was in unseren 80 Teams alles läuft.“

Weitere Fragen zielten auf Produk­ti­vität und Infor­ma­ti­ons­aus­tausch. Mit großer Offen­heit teilten die Refe­renten ihre Erfah­rungen und gaben Einblicke in die Persön­lich­keits­struk­turen, interne Heraus­for­de­rungen und Konflikt­lö­sungs­stra­te­gien.

Visu­elles Proto­koll: Die Diskus­si­ons­er­geb­nisse als Gesamt­bild

Chiara Poggi, eine der Bereichs­lei­te­rinnen der rheform – Work­place­In­no­va­tion GmbH, doku­men­tierte den Verlauf der Diskus­sion in einem visu­ellen Proto­koll und hängte die Ergeb­nisse im Anschluss an ein White Board – ein Verfahren, das die rheform auch in Kunden-Work­shops anwendet. Die zentralen State­ments werden so in einer einfa­chen Form auf den Punkt gebracht. Als gemein­sames Bild entfa­chen sie eine starke Wirkung, die zu weiter­füh­renden Gedanken und Diskus­sionen einlädt. Eine Gele­gen­heit, die auch die Anwe­senden nutzten.

Aus dem Kreis der Teil­neh­menden kam viel posi­tives Feed­back. Die Orga­ni­sa­ti­ons­struktur der meta­fi­nanz ist beson­ders und gewiss nicht beliebig über­tragbar. Die zahl­rei­chen Impulse aus einem gelebtem New Work-Alltag und dem daraus folgenden Austausch gaben den Gästen wieder viel Stoff zum bran­chen­über­grei­fenden Weiter­denken und Vernetzen. Somit erfüllte sich erneut das Haupt­an­liegen, das die Gast­geber Jennifer Gunkel und Marco Wagner mit dem Format verbinden. Fort­set­zung folgt!

Die Refe­renten

Axel Kummer ist Geschäfts­führer der meta­fi­nanz Busi­ness & IT Consul­ting. Als Entde­cker und Gestalter bringt er Menschen zusammen, die es nach vorne zieht, die für ihre Kund:innen Trans­for­ma­tionen beherzt umsetzen und in Projekten gemeinsam Zukunft herstellen.

Matthias Gotz ist New Work Stra­te­gist & Digital Pioneer bei der meta­fi­nanz Busi­ness & IT Consul­ting. Mit seiner Exper­tise als Keynote-Speaker, Work­shop-Faci­li­tator, Begleiter und Coach unter­stützt er Trans­for­ma­ti­ons­in­itia­tiven aller Art. Als Netz­werker ist Matthias u. a. Grün­dungs­mit­glied der Digi­talen Stadt München und des Konzern­aus­tausch Selbst­or­ga­ni­sa­tion.

Die Gast­geber

Der Betriebs­wirt Marco Wagner ist seit 2016 Geschäfts­führer der rheform – Work­place­In­no­va­tion GmbH. Anfang 2022 wurde er zusätz­lich in die Geschäfts­füh­rung der rheform GmbH berufen und verant­wortet dort seitdem über­ge­ordnet den Bereich Human Resources.

Die Psycho­login Dr. Jennifer Gunkel ist seit 2019 als Bera­terin bei der rheform – Work­place­In­no­va­tion GmbH tätig, schwer­punkt­mäßig in den Berei­chen Analyse und Change Manage­ment im Umset­zungs­pro­zess von inno­va­tiven Arbeits- und Lern­welten. Seit 2020 ist sie Hoch­schul­pro­fes­sorin der Psycho­logie, zu ihren Fächern gehören u. a. „Agile Orga­ni­sa­tion und New Work“.

Gast­geber der rheform – Work­place­In­no­va­tion GmbH: Dr. Jennifer Gunkel und Marco Wagner

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